Sonntagmorgens
7:30 Uhr, irgendwo in Deutschland. Weit abgelegen von der
nächsten Ortschaft liegt inmitten einer grünen
Landschaftsidylle ein verstecktes, kleines Tal. Die
ersten Sonnenstrahlen dringen über einer Anhöhe
hervor.
Laut
brüllende und treibende rhythmische Schläge zu
psychedelisch bis hypnotischen Klangkompositionen,
dringen durch das in Dunkelorange getauchte Morgengrauen.
Die Talsohle ist besiedelt mit entspannt kampierenden
Menschen, wovon die meisten, je nach körperlicher
Verfassung, teilweise ekstatisch tanzen.
Knapp
150 friedliche und glückliche Menschen die sich in
einer gemeinsamen Seelenharmonie befinden.
Ein,
von einem Schäferhund begleiteter und unbeteiligter
älterer Herr erscheint am Horizont. Der auf
Frühwanderung befindliche Mensch verweilt
minutenlang in einer sichtlich irritierten und erstaunten
Beobachtungsposition vor einer ihm fremden und obskuren
Szenerie...
Was mag
wohl dieser Mensch denken?
Eine
Wehrsportgruppe der links-alternativen Szene?
Opferungsritual einer Sekte? Haschischspritzende Hippies?
Invasion von Außerirdischen? Oder schlimmer noch:
Die Russen kommen! Oder ist es doch nur Morgengymnastik
einer kampierenden Theologengruppe auf Selbsterfahrung,
die einen Sonntagsgottesdienst halten wollen?
Für viele Menschen jedenfalls wirkt es fremdartig
und unbekannt, somit gefährlich und vielleicht sogar
Warnungswert...
Ich
denke, ein jeder von uns hat schon diese oder eine
ähnliche Erfahrung mit einem außenstehenden,
daher verständlich schaulustigem Gaffer, gemacht.
Das Aufeinanderprallen von Welten führt dabei meist
zu Unverständnis, gepaart mit Vorurteilen und
Ablehnung. Ideologien behindern dabei die Kommunikation
zwischen beiden Welten. Und so wird schnell, gerade von
der älteren Generation, ein verallgemeinerndes
Negativurteil abgegeben. Und was liegt näher als die
oft in Politikerpolemik und Presse erwähnte,
größte Gefahr für die Zukunft:
Das
wachsende Drogenproblem, der ungehemmte Rauschkonsum der
Jugend.
Und so
hatte doch der ältere Herr erst gestern in den
Tagesthemen, kurz vor dem Wort zum Sonntag, einen Bericht
von einer sogenannten Loveparade im Fernsehen gesehen.
Junge Menschen die mitten im Sommer einen Faschingsumzug
zu Bohrmaschienenlärm veranstalten. 1,5 Mio.
Besucher, eine Zahl die weit mehr als alle Ortschaften
der Umgebung zusammen, Einwohner mit Zuchtgetier addiert
ergeben würde.
Und Drogen seien natürlich auch im Spiel gewesen,
wie es in einem anderen Bericht hieß.
Alles
nur Rauschköpp bei einer Orgienfeier?
Wie
auch können Menschen an einem Sonntagmorgen um 7:30
Uhr, die offensichtlich die Nacht nicht geruht haben, so
fröhlich und vor allem fit sein!
Die
Freiheit der Jugend, so wie wir sie heute kennen, ist im
Grunde genommen auch gerade mal erst 10 Jahre alt. Sie
ist immer noch unvorstellbar für Menschen, die in
Rassen, Glauben und Ideologien getrennt ihre Jugend
erlebten und so auch erzogen wurden. Doch bei allen
Vorurteilen sollte hier von jedem von uns zugegeben
werden, daß dieses Urteil sowie der Bericht im
Fernsehen durchaus seine Rechtfertigung
besitzt.
Freiheit
auf Rausch oder Rausch in Freiheit. Sicherlich ist es ein
Freiheitsrausch der hier stattfindet. Doch wie die
Freiheit in der Wildnis, so auch bei der Freiheit im
Rausch. Es gibt deutliche und unbekannte Gefahren. Und
Gefahr bedeutet hier Risiko für Gesundheit und
Leben, mal abgesehen von der Gefahr der juristischen
Strafbarmachung.
Volle
Verantwortung bei solchen Veranstaltungen trägt
sicherlich ein jeder selbst, der sich in diese Freiheit
begibt. Aber wie sieht es da mit dem Veranstalter aus, er
schließlich läßt die Gefahr des
Rausches, wenn nicht gerade gezielt so doch ungewollt,
durch den Feieranlaß aufkommen. Welche
Maßnahmen und Vorkehrungen kann er treffen um
seiner Verantwortung gegenüber Gast, und
behördlichen Institutionen gerecht zu
werden.
Kurz :
Für welche Maßnahmen ein Veranstalter
verantwortlich sein sollte, welche der Besucher beachten
muß und ob auch jeder dieser genügend
Beachtung verschafft, wollte ich in einem Interview mit
einem der erfahrensten Veranstalter, Musiker, Dj`s sowie
Kenner der Szene herausfinden.
Für
dieses Interview konnte ich die eine Hälfte des,
für musikalische Unwesen bekannten, Veranstalter Duo
von Nalanda gewinnen.
Rush
T. aus Frankfurt.
Das
Interview
Hallo Rush,
wir kennen uns, haben auch schon zusammen Gearbeitet, als
erstes will ich dich Fragen ob du schon mal einen
Zwischenfall in Zusammenhang mit Drogen auf
Veranstaltungen erlebt hast und wenn ja, welche folgen
hatte er damals?
....Rush
T.:
Ich
hatte mal ein Erlebnis mit einem jungen Menschen der dem
Liebeskummer verfallenen war. Ohne Erfahrung im Umgang
mit Drogen, wollte er seinen Frust mit Drogenrausch
ersticken. Es endete damit, das er von der Ambulanz
abgeholt wurde und im Krankenhaus landete. Sein Zustand
damals war schon sehr dramatisch. Aber es endete gottlob
glimpflich für ihn.
Wo siehst du die
Gefahren auf solchen Events?
....Rush
T.:
Unkontrollierter
Konsum von unberechenbaren, psychogen Wirkenden
Substanzen, gerade labiler und unerfahrenen Menschen ist
die größte Gefahr. Sie kann schnell eine Feier
zur Tragödie werden lassen und auch unbeteiligte
Gefährden.
Erkennst du auch
darin deine jeweilige Verantwortung als Veranstalter? Und
welche Maßnahmen triffst du um entsprechender
Bürde gerecht zu werden?
....Rush
T .:
Man
sollte als Veranstalter immer den Überblick
bewahren. So allerdings das man die Gefahren auch
früh und rechtzeitig erkennt. Ein drohender
Zwischenfall sollte durch die richtige Maßnahme
rechtzeitig vermieden werden und wenn doch, so sollte man
zumindest darauf vorbereitet sein die entsprechenden
Rettungs- und Ordnungsmaßnahmen treffen zu
können.
Was erwartest du
vor allem von den Gästen und welche Direktiven setzt
du jedem Veranstaltungsteilnehmer als
Bedingung?
....Rush
T.:
Jeder
sollte seinen maximalen Genuß mit minimalem Risiko
haben, dabei aber immer auf sich und andere achten und
wenn möglich im aufrechten Gang die Veranstaltung
verlassen. Überdosierungen sollten von Freunden und
anderen rechtzeitig erkannt und dem Veranstalter
mitgeteilt werden. Grundsätzlich sollten alle helfen
können. Jeder ist gesetzlich, aber auch vor allem
moralisch einfach dazu bedingungslos verpflichtet!
Das sollte man
bei aller Feierei nie vergessen, sonst wird es richtig
Gefährlich. Und zwar für alle
Beteiligten.
Siehst du sonst
eine ganze Szene gefährdet?
....Rush
T. :
Jeder
sollte immer auch die Verantwortung gegenüber
anderen sich bewußt machen. In einer solchen
Gemeinschaft sollten alle aufeinander Aufpassen. Sonst
wird schnell eine ganze Szene durch Negativschlagzeilen
zugrunde gerichtet. Es gibt schon genügend
Schwierigkeiten mit Behörden bei der Planung.
Wie war bisher
deine Erfahrung mit der Obrigkeit und ihren
Exekutivkräften?
....Rush
T .:
Sicher
sollte der exzessive Konsum in der Öffentlichkeit
und vor Kindern soweit wie möglich untersagt werden.
Bisher hatten wir relativ problemlose Erfahrungen. Da
jeder der Beteiligten den ärger mit der Polizei am
meisten fürchtet, hält sich jeder an die
Regeln. Laute Musik sorgt schon eher für das
auftauchen der Polizei und ausgesprochene
Ermahnungen.
Was sollte sich
deiner Meinung nach generell ändern. Das Verhalten,
die Gesetze oder die Drogen?
....Rush
T .:
Bewußtmachende
Aufklärung über Drogen sowie zu deren sicheren
Konsum sind notwendig. Vermeiden läßt sich das
Problem sowieso nicht. Ein Infostand sollte auf jeder
größeren Veranstaltung vorhanden
sein.
Wie siehst du die
individuelle Freiheit bzw. das nicht vorhandene Recht auf
Rausch. Muß die Gesellschaft handeln durch z.B.
fairer Verfolgung oder gar härteren Gesetzen und
Strafen?
....Rush
T .:
Nur
Aufklärung und Selbstkontrolle können uns die
Zukunft genußvoll erleben lassen. Wir haben immer
eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft auch
in Zukunft. Doch sollten wir die Aufmerksamkeit auf die
Selbstkontrolle richten. Sie muß kontrolliert
werden. Nicht Gesetzte und Strafen schützen, sondern
jeder sich selbst am besten.
Ich danke dir und
hoffe für dich, deine Partys und Gästen sowie
der ganzen Szene, berauschende Erlebnisse ohne Gefahren
und Zwischenfälle. Hast du noch ein letztes Wort zum
Abdruck im Pfarrbrief?
....Rush
T .:
Bomshankar
Alter !
Ok , wir sehen uns dann beim nächsten Gottesdienst,
wenn am Altar Oblaten aufgelegt und unsere Beichten
genommen werden, damit sich der Klingelbeutel auch
füllen sowie die frohe Botschaft in Dorfkneipen
verbreiten kann...