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Sonntag, 30.04.2000

Tanz in den Mai "Man Factory" @ TOR 3 - Düsseldorf


Die erste schwule "Man Factory"-Party am 1. April 2000 kam sicherlich auch für die Veranstalter überraschend positiv an. Damals schrieb ich bereits einen Bericht darüber. Schnell hatte es sich rumgesprochen, wie geil diese Fete war. Kein Wunder, dass diesmal der Zulauf noch größer war.

"Geschickterweise" fand die 2. "Man Factory" am 30.04.2000, also zum Tanz in den Mai statt. Und "ungeschickterweise" befinden sich in unmittelbarer Nähe des Tor 3 noch drei weitere Großraumdiscos - das schwulesbische "LuSZD", das kulturbeflissene "ZAKK" und die direkte Tor-3-Konkurrenz "Stahlwerk", genau gegenüber. Das hieß: Parkplatzchaos im Industriegebiet Düsseldorf-Lierenfeld und längere Fußmärsche vom Auto zur Disse!

Die meisten Besucher trudelten zwischen 22.30 h und 23.30 h ein. Dann verfiel nämlich das "2 for 1"-Ticket, das eigentlich jeder irgendwoher bekommen hatte. Damit kommen zwei Leutchen rein, aber nur einer muss bezahlen. Unsere Clique lief gegen 22.45 h auf, ein Zeitpunkt, wo man von gähnender Leere im Eingangsbereich hätte ausgehen können. DENKSTE! Ein riesige Schlange bis auf die Hauptstraße! Gottseidank bewegte die sich aber in erträglichem Tempo in Richtung Kassenhäuschen. Kurz vor 23.30 h kamen wir dann endlich rein ins Tor...und es war bereits rappelvoll und sauwarm!

Gegen 0.30 h war es im Bereich des Dancefloor dermaßen voll, dass man von Tanzen kaum noch sprechen konnte. Auch die Flüssigkeitszufuhr bedurfte guter Planung. Mal eben ein Bier an der Theke holen, war nicht. Bis zu einer halben Stunde mußte man die meist nur zwei (oft ziemlich überforderten) Kellner pro Theke anhimmeln, um endlich mal ein Getränk zu bekommen. Kleiner Tipp an die Veranstalter: Stellt beim nächsten Mal gefälligst mehr Personal hinter die Theke! Um finanzielle Not müsst ihr euch bei diesem megaerfolgreichen Event wohl keine Sorgen machen.

Das Publikum war diesmal noch bunter gemischt als bei der Premierenparty am 1. April. Und ich meine jetzt nicht, die "übliche" Mischung aus Normalos, Discohäschen, Adonisse, selbdarstellende Narzissten, normal gebliebenes Partyvolk, Schwulen, Lesben, Heten, Bären, Jeans- und Ledertypen, sondern die "ein wenig deplaziert" erscheinenden älteren Heteropärchen. Die sind offensichtlich nur wegen des Highlights dieses Abends ins Tor 3 gekommen und haben wohl nicht damit gerechnet, dass sie hier auf tausende extrovertierte und halbnackte Schwule treffen! Man konnte diesen Mitt/Enddreißiger-"Ehepärchen" ihr Unwohlsein in dieser schwu(e)len Atmosphäre ansehen - die Armen! So waren sie auch direkt nach dem Highlight des Abends verschwunden.

Was denn nun das Highlight war? Na, Jimmy Sommerville - und zwar live und in Farbe! Unterstützt von je einem farbigen Background-Sänger und einer -Sängerin betrat er gegen 0.30 h die Bühne und fetzte direkt los. Jetzt werden einige vieleicht sagen: "Ach, Jimmy Sommerville, der hat seine beste Zeit doch hinter sich." Mag sein, aber dennoch vermag er es einen Saal zum Brodeln zu bringen, beweist immer wieder, dass er besser singen kann als so manche Boygroup von heute und bei seinen glory Hits werden teilweise auch alte Erinnerungen in einem wieder geweckt. Alles was man erwartete, bekam man auch zu hören. Ich sag nur "You make me feel..." oder "I Never Can Say Goodbye Boy...". Discomusic aus ihrer Blütezeit, aktuell aufbereitet oder wie man heute sagt: geremixt! Jimmys Auftritt dauerte leider noch keine Dreiviertelstunde, aber in dieser Zeit klatschten und grölten die Massen zu seinen Hits von damals nur so mit.

Jimmy  SummervilleJimmy Sommerville

Danach legte der zweite "kleine Regionalstar" des Abends auf: Phil Fuldner ("The Final"). Optisch wie akustisch eine Augen- bzw. Ohrenweide. Dass der Junge besser mixen kann als so mancher "große" DJ und besser aussieht als "Captain Future", bewies er an dem Abend deutlich. Schade nur, dass sein Set ziemlich deckungsgleich war mit dem des Resident-DJs, der vor Sommerville und nach Fuldner auflegte. Aber zu guter Musik tanz man gerne auch zweimal. Phats&Small, Moloko, Shaft, Salomé de Bahia, Madison Avenue, Gigi d´Agostino seien mal in den Raum geworfen um die Musikrichtung der langen Nacht anzudeuten. Oder um es kurz zu machen: Superbe Housemusic, teils auch recht chartlastig, gottseidank aber nicht die Radio-Versions.

Abgesehen vom bunten Partyvolk liesen es sich auch einige Paradiesvögel nicht nehmen, Show zu machen. Von Transvestiten über eine Kuh auf zwei Beinen bis hin zu gold besprühtem Gogo-Boy und halbnacktem Matrosen reichte die skurille Palette. Selbst Königin Beatrice (natürlich nicht die echte) wurde gesichtet!

Gegen 6.00 h war die Nacht dann vorbei. Nachdem der letzte Track abrupt abbrach, beschwerte sich der DJ, dass das Partyvolk seine Arbeit nicht mal würdigen wollte. Und prompt gab es noch Ovationen für den Plattenleger. Abschließend beschallte er dann noch den Saal mit chilligeren Dancetracks, während sich das Tor 3 allmählich leerte. Irgendwann muss halt mal schluss sein und eine offizielle Afterhour-Party (ab 6.00 h) gab es schließlich auch noch: Im "La Rocca" auf der Grünstraße, keine 100 Meter von der Düsseldorfer Schickimicki-Meile "Kö" entfernt.

Wenn diese Partyreihe, die immer am letzten Samstag eines Monats feierwütige "Gays & Friends" anlockt, weiterhin so erfolgreich ist, muss das Tor bald anbauen.

Und wer nur wegen des Darkrooms zum Tanz in den Mai ins Tor 3 kam, wurde diesmal enttäuscht. Der wurde nach der ersten Fete wieder abgebaut und dafür konnte man sich diesmal an der Fresstheke mit ungesunden Nahrungmitteln vollstopfen. Schön, dass immer wieder etwas Neues geboten wird - mal ein Darkroom, mal nicht, mal ein Live-Auftritt, mal nicht, mal Gogo-Tänzer, mal Transen. Man darf gespannt sein, was einen bei der dritten "Man Factory"-Party am Samstag, den 27.05.00, erwartet. Ein paar Stichworte gefällig? Matrosenbar, Lederkeller, GoGos, Man Strip, Gay Live Performance...und Robert de la Gauthier aus Kanada an den Turntables, neben Resident Tom Prior.

 

Bert Niedermeyer - The Recycler
[DSO-Productions - Düsseldorf]


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