was ist
eigentlich so schlecht an der love parade? was hat sich
an ihr verändert, dass man im laufe der
langjährigen geschichte mittlerweile fast
abfällig von ihr spricht? ist dies gleichbedeutend
mit dem ende der elektronischen musik in deutschland
allgemein? ende der party-kultur?
fragen
über fragen... der antwort auf diese fragen, bringt
uns die kleine party im maria am ufer in berlin
heute vielleicht näher. in der nähe des
ostbahnhofs unmittelbar am ufer der spree gelegen. in
hörweite zum tanz der tausenden an der
siegessäule sowie auch nicht weit entfernt zum
"true-spirit" tresor.
jedoch
weit genug entfernt, um dem gröbsten rummel zu
entgehen. entsprechend auch die fahrt nach berlin, keine
staus, freie fahrt. nach 3 1/2 h fahrt bereits am ort des
geschehens. kurz noch was essen im amerikanischen
first-class-restaurant nummer eins, direkt im ostbahnhof.
dieser scheint gleichzeitig auch an- und abfahrtsort
eines teils des genannten rummels andererorts hier in
berlin zu sein.
beim
dinieren unseres kleinen abendmals fallen mir ein paar
antworten auf die o.g. fragen ein. trillerpfeifen,
bleiche körper - zumeist mit plüsch bedeckt,
moos-grün gefärbtes haupthaar, alterstechnisch
irgendwo zwischen 12 und maximal 19 gelegen,
plateau-schuhe usw. das volle programm. die
überbleibsel der diesjährigen love parade
warteten hier auf ihren zug oder worauf auch immer.
verbunden mit der vorstellung, dass davon ca. 500.000
einzelne exemplare nicht unweit von hier so eine art
rocky horror picture show (nur ohne jeglichen
kult-anteil) betreiben, komme ich schlagartig zu dem
urteil, richtig gehandelt zu haben. nicht dort und dem
ganzen entgangen zu sein. schluck vom koffeinhaltigen
braunen gerbensaft eines amerikanischen cola-guts
genommen und auschecken. zurück zur kleinen oase am
ufer der spree, zum maria am ufer.
bereits
am eingang herrschte freundliche atmosphäre, nichts
zu spüren von aggression, wut oder hass, den man der
shitparade vielleicht im ersten moment zuordnen mag. auch
innerhalb des clubs herrschte eine sehr wohlige
atmosphäre. schöne dekoration, guter sound,
große bar, faire preise bei den getränken. der
erste verdacht schleicht sich ein: ist die zunehmende
bewegung um die shit parade am ende nichts anderes als
die qualitative antwort auf den massenrummel des
love-gegenparts?
der
sound des aktuellen djs phon.o ist
breitgefächert. elektronisch, hiphop,
reggae/dancehall... eine mischung aus einer vielzahl von
styles. netter einstieg.
ab 0uhr
öffnete auch der zweite floor. eine weitere
schöne - wenn auch künstlich geschaffene - welt
aus licht und ton öffnet sich.
auch
hier gleich ab beginn phon.o am auflegen. hier
schon etwas elektronischer, jedoch mehr im langsamen
spektrum gelegen. zwischen autechre und ähnlichem
aus diesem genre jedoch ebenfalls eine sehr angenehme
mischung.
nach
dem dj kam apparat live zum zug. der erste
höhepunkt des abends. nachdem der floor hier
drüben ohnehin eher als chillout konzepiert zu sein
schien, war auch sein sound etwas ruhiger gehalten.
dennoch verbreitete dieser eine enorme fülle in dem
gleichfalls gut gefüllten raum. weniger zum tanzen,
mehr zum hinhören und geniessen. sei es im
sitzen/liegen oder einfach im stehen und
mitwippen.
nach
ihm sollte napoli not nepal folgen. die
tempomäßig erstmal etwas anzogen. bei den
dreien war gleich ein gewisser bezug zum dancefloor zu
spüren.
doch
genug gechillt. es ging rüber in den mainfloor, auf
dem sich pole feat. fat jon
ausließen.
pole
ansich mehr als elektronic-mit-rauschen-held bekannt,
durchlebte erst kürzlich einen umbau seines eigenen
sounds. mittlerweile holte er sich durch fat jon
verstärkung und läßt daraus einen fusion
aus elektonik-sound und 2step-rap-attitude
entstehen.
dj-technisch
folgte danach barbara preisinger, nicht schlecht,
aber im großen und ganzen nichts neues oder
sensationelles. zeit um im kleinen verbindungsraum
zwischen floor 1 und 2, energie und getränk zu
tanken sowie das ein oder andere gespräch zu
führen.
bereit
für das bierbeben. ein liveact vom
shitkatapult-label, von dem heute abend ein
großteil der acts stammen sollte. der name klingt
bei den meisten wohl erstmal nach einer art verarsche,
entpuppt sich jedoch bereits kurz nach beginn als
trugschluss. den bezug zum namen kann ich euch leider
auch nicht ganz erklären, nur soviel: auf der
bühne saßen die beiden "macher" gemütlich
bei einer flasche bier und schauten dem ganzen treiben
auf der tanzfläche gelassen zu. zusammen mit einem
kasten bier (um dem namen auch rechnung zu tragen) sowie
einer weissen armbinde, die mit durchgestrichenem adler
versehen war gesellten sich protest-tracks, die zwar vom
band kamen, jedoch trefflich inszeniert worden sind. eine
ahnung, was der auftritt sollte, kam einem erst
hinterher...
texte
wie "deutschlands mauern fallen", "schlag deinen
fernseher kaputt" und ähnlichem machten klar, dass
die songs mehr als nur popsongs sein sollten. doch die
direkte antwort auf das friede-freude-eierkuchen-feeling?
das ende der unpolitischen haltung der rave-gesellschaft?
protest gegen das system allgemein oder eine mischung aus
all dem? fragen die sich auch nach ende der performance
wohl nicht eindeutig beantworten ließen. die
deutschland-flagge jedoch, die während des auftritts
von der sängerin um die hüften geschwungen
wurde, deutete läßt auf den protest am
vaterland schließen! elektronik-punk?
und wo
wir schon beim punk-gedanken sind, kommen wir doch gleich
zum nächsten vertreter und gleichzeitig
label-betreiber des shitkatapults: t.raumschmiere,
ebenfalls live!
sein
protest wurde optisch weniger offensichtlich dargestellt
und textlich nicht derart aufgegriffen wie bei seinen
schützlingen vom bierbeben davor! dennoch war auch
bei seinem liveact viel energie zu spüren. energie
die sich nicht unbedingt im love-peace-happiness bereich
ansiedelte, sondern eher von anderem gedankengut
motiviert sein dürfte.
wie auf
den bildern zu sehen, war der mann voll dabei.
demnächst wird t.raumschmiere sein neues album
veröffentlichen und diesen sound, den man dort zu
hören bekommt, präsentierte er heute. von
seinem letzten album ist man anderes gewohnt. somit
unterzog auch er sich einer gewissen veränderung.
mehr punk, mehr rock! unterstützung bekommt er hier
von miss kittin, die bei den letzten tracks des
liveacts ebenfalls noch live auf die bühne kam und
zum mikrofon griff.
doch
ich möchte garnicht mehr worte verlieren. man muss
es gesehen und erlebt haben. bei der demnächst
kommenden sonnemondsterne, habt ihr ja dazu
gelegenheit.
jetzt
im anschluss legte miss kittin dann auf. doch ganz
ehrlich, nachdem die ersten tracks eher "gewöhnlich"
ausfielen, entschieden wir uns doch dafür, so
langsam abzubrechen.
alles
im allem, punk hin, protest her, im groben läuft
eine shitparade party auch nicht anders ab, als eine der
vielen anderen parties im rest von berlin. der
unterschied liegt im gespielten sound, der hier wohl
(sicher nicht nur) sehr intensiv und alles andere als
gewöhnlich war und das machte den abend doch zu
einem ganz besonderen!
den
sonnenstrahlen entgegen ging es nun nach hause und mal
abgesehen von einer kleinen a9-komplett-sperrung unserer
speziellen freunde des ministeriums für sicherheit,
blieb uns auch hier ein stau oder ähnliches
erspart.