[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
auch
dieses wochenende sorgen wir auf der achse
erfurt/nürnberg für bewegung. diesmal
unterwegs, der christian.
"...
so,
es ist soweit - ich komm wieder auf ihn zu sprechen:
James Holden! - Doch stopp, James Holden? Geht es hier
nicht um
? Gewiss, doch ein paar nennenswerte Worte
über diesen Feingeist sind mehr als berechtigt an
dieser Stelle. Denn war er es nicht im Jahre 2005, der
den Weg der Hamburger Jungs in das profesionelle DJ-Bizz
ebnete, mit einem Signing auf seinem Label - na,
aufgepasst? - Border Community!
Und
nun komm ich in den Gefallen (bzw. die "Misslage"),
abermals meine Gedankenflut an dieser Stelle auf Papier
zu kanalisieren - eine Gedankenwelt, ausgedehnter und
gestreckter (präsent ist sie ja schon seit
langem
gefüttert seitens meiner
omnipräsenten, tagtäglichen Musikhäppchen)
nach einer feinen Sause letzten Samstag, oder anders
formuliert: Nach meiner Rückkehr aus der
Extrawelt.
Lasst
mich kurz (ja ja
das "kurz" kennt ihr von mir
schon
) einleitend weiter ausholen: Generell gibt es
- wie ihr sicherlich schon alle erfahren habt -
grundlegend unterschiedliche Formen von Feiern zu und mit
elektronischer, trackbasierter Clubmusik.
Überschlägig kann man gegenwärtig
(besonders im letzten Jahre) zwei musikalische
"Entwicklungen" einer Nacht ausmachen:
1.
Linear.
Die
musikalische Darbietung eines Künstlers mit dem
Ziel, möglichst bruchlos die Tracks zu einem
Großen, Ganzen zu verfugen. Eine Musik, die wie
eine Gerade vom Startpunkt aus bis zum erstrebten Ziel
Zeit und Raum durchmisst. Ein linear aufgebautes DJ-Set
ist vergleichbar mit einem Fernverkehrszug, bei dem sich
nach dem Einsteigen die Türen schließen, und
die Reise geht los.
2.
Nonlinear.
Die
Zuhörer sind MG-Feuer-artigen Bombadierungen von
wuseligen Knäueln von Sensationen, Brüchen,
Rhytmuswechseln ausgesetzt. Eine Abfolge von
Schlüsselreizen, Eskalationen, Erruptionen - alles
auf maximalem Energielevel. Eine energetische,
frenetische, nachdrückliche und vor allem sofortige
Anspruchanmeldung auf Abfahrt (Stilrichtungen "Nu Rave",
"Electroclash" etc.; "Ed Banger", "Boys Noize"
etc.)
Befindet
man sich bei ersterem auf einer langen Reise gen
selbst-definierter Art von Horizont - wo man nicht mehr
aussteigen möchte - ist letztere mit einer offenen
Straßenbahn vergleichbar, auf die man bei aller
Rasanz problemlos auf- und von der man auch gefahrlos
wieder abspringen kann. Beide Arten des Feierns sind
toll.
Noch
"toller" sind für den allwissenden
Szene-Enfant-Terrible - der doch schon "alles erlebt
hat"! - aber Partys, wo musikalische Klänge fernab
gesteckter Grenzen des Post-Berlin-Minimalismus das Ohr
erfreuen. Artists, welche Tonkünste den Freigang zum
Publikum gewähren, die man sonst eher selten
hört. Musik, dessen Nachahmung andere Künstler
unmittelbar als bloßes Imitat darstehen lässt.
Zugegebenermaßen
ist die Anhäufung solcher Momente - meinerseits -
eher bescheiden, jedoch dafür umso intensiver in der
Wahrnehmung (denn wird nicht alles Repetitive im Leben
i-wann zur Gewohnheit?), wenn sie denn mal eintreten.
Eine Welt zwischen, hinter, unter, über
den
Welten. Eine andere, neue, fremdartige,
ungewöhnliche, unekannte
Welt. Nennt wie ihr
es wollt. Ich nenne es "Extrawelt".
Samstag:
Kalendarisch in Mitten des Oktobers, physisch zugegen im
Schmelztiegel Hirsch-Rakete, psychisch verschollen in der
Extrawelt. Die Protagonisten des Abends hießen uns
willkommen im Hirsch Club und warteten mit einem 1 ½
- stündigen Live-Set auf.
Angekommen
um kurz nach 12, säumten wir den Hauptfloor,
geführt von Nürnbergs-Allzweck-Waffe
Micha Klang. Ein solides Set,
welches das Publikum schonmal angenehm auf
Betriebstemperatur forcierte, die Weichen auf unserem Weg
zur imaginären Raketenbasis stellte, um später
dann programmatisch in die Hemisphäre
abzutauchen.
Der
Hirsch erfreut mich jedes mal aufs Neue durch seine
ansprechende Aussenraum-Gestaltung, dezent in Szene
gesetzt durch farbenfrohe Lichtinstallationen,
üppige, künstliche Pflanzen-Vegetationen
(Palmen etc.) - und einem Pizzastand. Nun ja, vlt.
optisch nicht so stimmig im Ensemble, jedoch immer wieder
eine wohltuende Bereicherung für den Magen, vor
allem nach der Party.
Bekanntlich
soll hier nicht immer alles schön geredet werden,
und so bestätigten sich meine Erfahrungen in dieser
Nacht im Eingangsbereich: Strenges Türpersonal, oft
unfreundliche Securitys. Ich wage zu bezweifeln, dass
diese Annahme einzig aus meiner subjekten Wahrnehmung
rührt.
Das
Publikum ist "Großstadt"-üblich auch
stärker durchmischt von oft stark differenzierten,
sozialen Strömungen. Verglichen mit dem Publikum
erlebter Feiern vergangener Wochen - besonders jene aus
dem Osten - kann man schon eine deutliche Abgrenzung
ausmachen. Allerdings vorwiegend in negativer Hinsicht,
gab es doch viele Proleten und andersartig,
negativ-gestimmtes Gesindel.
Aber
gut, das hört sich jetzt schlimmer an als es eig.
war. Im Endeffekt war es ein großartiges
Feierpublikum, und in den meisten Zeitspannen - vor allem
während dem Hauptact - war Peaktime angesagt!
Titelheld,
8000, Soopertrack
Extrawelt bedarf keiner
ausführenden Worte (ich setze einen entsprechenden
Basis-Kenntnisstand unserer Szenemag-Leser einfach mal
vorraus, siehe z.b. im review
2007 in erfurt).
Ihr nun folgendes Live-Set bestand auch aus solchen
Dauer-Burnern und Alltime-Klassikern, mehr jedoch aus
eher unbekannterem Material (zumindest für
mich
).
Dieses
"Material" darf nicht als "lückenfüller-haft"
verstanden werden. Alt und Neu bildeten eine harmonische
Symbiose und formten eine Welt zwischen den Welten. Kurz
gesagt: Fantastische, "entrückte" Soundgalaxien,
bestehend aus prägnanten Melodieskulpturen, nie
enden wollenden Hallfahnen, weit gestreute
Flächen.
Solche,
räumlich große Volumina einnehmende,
athmosphärische Sounds wurden gezielt gestört,
durchbrochen, konterkarriert durch scharfkanntige
Effekte, alle frisch aus dem bunten Malkasten der
"Midimiliz" (anderes, vorangegangens Projekt der beiden)
losgelassen: einen groß, angelegten
Gerätepark, über der Tanzfläche ragend.
Es
gab eine Menge Höhepunkte, doch besonders das
Abschluss-Lied wird noch lange in Erinnerung bleiben:
Minilogue - The Leopard, im Extrawelt-Remix und
zusätzlich in Live-Umsetzung. Was will man denn noch
mehr?! Mit sichtlich, gerührten, mitgenommen Minen
verabschiedete sich das Publikum; Extrawelt wurde von der
Bühne entlassen.
..."