[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
christian
h. heute in jena:
"...
Schon wenn man sich den Flyer von der "renommierten"
Veranstaltungsreihe "Klanglauf" im ebenso renommierten
Club Kassablanca in Jena zu Gemüt führt, sollte
das Exotische der Gestaltung und die Motivwahl sofort ins
Auge stechen. Eine entrückte, unwirkliche
Ästhetik zeichnet das Coverbild aus, sind es denn
jetzt Tulpen einer Blume, oder doch mehr Organe eines
menschlichen Körpers? Da erinnert man sich gerne an
die hochgelobten Fabric-Covers, designed von einem
Grafikstudio namens "Village Green". Aber das nur am
Rande.
Sinnbildlich
jedoch könnte dieser Hauch von Exotik des
Klanglauf-Covers auf das musikalische Programm des Abends
bezogen werden: Guillaume & the Coutu
Dumonts (den Namen muss man erstmal richtig
aussprechen können, zum Glück muss ich ihn hier
nur schreiben
) beehrten das - umgangsprachlich -
"Kassa" am Samstag, und diesem Date konnte man
erwartungsvoll entgegenschauen.
Hinter
diesem Banner versteckt sich ein Herr, ein
gebürtiger Kanadier, der im letzten Jahr viel
Aufsehen mit seinem neuen Album ("Breaking The Fourth
Wall") erregt hat. Für die Entstehung dieser Tracks
liegen die unterschiedlichsten Klangtraditionen zu
Grunde, die die nötige Inspiration lieferten. Im
weitesten Sinne kann man seine Musik als "Weltmusik",
"Ethnotechno" oder "Afrohouse" bezeichnen. Kurz um: Heute
durfte man im Kassa gebannt sein auf eine
multi-kulti-Musik-Kreation und sollte zugleich gewappnet
sein für eine Flut von verstörenden,
befremdlichen Klängen.
Spannend!
Aber nun mal der Reihe nach, schließlich schritt
dieser Act erst zu späterer Zeit ans Werk. Ich
möchtemir auch jetzt einen großen Bogen um die
Erklärung und Bedeutung des Kassablancas genehmigen,
denn diese bedeutende Club-Institution sollte doch jedem
geläufig sein. Homebase des "Freude am Tanzen" -
Labels und Sublabel "Krause Duo", weiterhin bekannt durch
regelmäßige Veranstaltungsreihen unter der
Woche wie z.B. einem Vinyl-Workshop (Oliver Goldt hier
mitwirkend
) und überhaupt
berühmt-berüchtigt für seinen
aussergewöhnlichen Charme und
Atmosphäre.


Und
wie! Schon beim Ankommen entpuppt sich der Ort
augenscheinlich als Spielwiese und Eldorado für den
Graffiti-Sprayer, und für den - in dieser Hinsicht -
Laien als buntes Kunstwerk im Gebäude-Maßstab.
Der Weg mutet nach einem Provisorium an, muss man doch
ein Baugerüst hinauf klettern und eine wackelige
Brücke beschreiten, um zum Club zu gelangen.
Laternen und andere Leuchten tauchen die Szenerie in ein
stimmungsvolles Licht, von weitem ist der dumpfe
Basschlag zu hören. Es passt! Das ist Charme!
Dort
angekommen war der Warm-Up-DJ (sry, aber i-jemand muss
den Anfang machen
) Tyler schon
im Gange. Auch hier schon konnte von "leichter Kost" und
eingängiger Musik nicht die Rede sein, es erschien
mehr so, als würde er im Studio Versuche
unternehmen, seinen Musik-Horizont und
Klang-Verständnis weiter zu stricken. Was bei weitem
sich nicht schlecht anhören muss, aber zweifelsohne
lies es sich nicht immer auf solch "heterogene" und
vertrackte Musik leicht tanzen, besonders für das
anwesende Publikum nicht.
Ich
erlaube mir an dieser Stelle gleichmal einen Kritikpunkt
einzuräumen: Das Publikum. Obwohl ich im Vorfeld
anderes vermutet habe, erscheint im Nachhinein das Ganze
verständlich zu sein: Jena ist eine Studentenstadt.
Folgerichtig konnte man davon ausgehen, dass das Kassa
auch stark gesäumt sein kann von eben Studenten.
Entsprechend unbeholfen und "fehl am Platz" standen dann
auch einige heute abend auf der
Tanzfläche.
Ok,
weiter mit den guten Dingen: Der experimentierfreudige
Sound von Tyler lies einige erhellende Momente zum
Vorschein kommen und sogleich annähernd auf den
folgenden Act hindeuten, bei dem es nicht minder
"sonderlich" zu geht. Eingangs erwähnt, komm ich nun
auf ihn wieder zurück, Bühne frei, willkommen:
Guillaume & the Coutu Dumonts
(in diesem Falle standen die Jungs vor der Bühne,
die Bühne wird im Kassa für andere
Veranstaltungen genutzt)!

Als
Duo auftretend, ergänzten sich der Kanadier und ein
anderer Herr (finde leider den Namen nicht heraus)
prächtig: Der eine an den Controllern, der andere
für den Gesang. Von einem "Live-Act" konnte wirklich
die Rede sein, so auffällig waren die sukzessiven
Eingriffe an den Geräten in die Klangarchitektur. Im
Stile einer Improvisation stellten beide ihre Arbeit, so
konzentriert wie auch souverän, zur Schau und liesen
mit einigen Peak-Momenten auf sich warten.
Diese
Musik ist gewiss nicht vergleichbar mit dem pragmatischen
Loop-Techno-Set, nein, da bedarf es schon mehr
Mühen. So war die Anstrengung auch deutlich in den
Gesichtern geschrieben, schweißperlenbehangen
bearbeitete Guillaume & the
die Geräte.
Die beiden Jungs hätten ohne weiteres nicht nur vor,
sondern auch auf der Bühne auftreten können, so
fein inszeniert wurde das Schauspiel.
Gerade
bei Improvisationen wird es schwierig ein homogenes Set
abzuliefern. Wobei hier erstmal geklärt werden muss,
was man unter "homogen" verstehen möchte. Ohne zu
sehr in Details zu versinken, sei gesagt: Vergesst den
Four 2 the Floor und: Free your Mind! So bot man sich die
Möglichkeit, wieder und wieder aufs neue
überrascht zu werden.
Dafür
sorgten die unzähligen Takt- und Rythmuswechsel, die
energischen, rap-affinen Gesangseinlagen und zeitweise
auftauchende Melodiedramen. Es lies sich definitiv nicht
so einfach tanzen wie auf jene Musik von einem bekannten
Szene-Protagonisten danach, doch auch hier sollte die
Musik mehr gewesen sein, als nur ein "netter
Zeitvertreib". In allem hat sich der Besuch des Kassas
nach diesem Act schon gelohnt und macht Lust auf mehr.
Mehr z.b. bei dem diesjährigen Love Family Park -
Festival in Hanau, wo die Jungs als Headliner gebucht
sind! Das mag was heißen.

Mathias
Kaden. Wer kennt ihn nicht. Vormals Vakant,
nun poduktiver für das Jena´er Label, umtriebig
als DJ an allen Ecken der Welt, hat er seinen
Bekanntheitsgrad um Welten gesteigert. So liest man ihn
auch mal in einem Line-Up der diesjährigen
Cocoon´schen Ibzia-Season. Markantestes
Erkennungsmerkmal ist zweifelsohne das omnipräsente
Wippen, meistens im Takt zur Musik. Auch hat man stets
die Gewissheit, ein minimal, stark-groovendes Set mit
Abgehgarantie zu hören bekommen.
Wie
auch im Kassa, wo er den etwas weniger gesäumten
Dancefloor bespielte. Wir haben 04:30, der Beat rollt,
der Techno groovt, der Kaden wippt. Kaden ist seit jeher
ein Garant für eine stimmungsvolle Party, solange
das Publikum mitspielt. Dieses konnte bestimmt mehr mit
seiner Musik anfangen, wie noch bei dem Vorganger-Act,
doch auch hier wäre weitaus mehr "drin
gewesen".
Trotzdem.
Es war ein gelungener Abend für uns.
Hauptsächlich aufgrund der neuen Club-Erfahrung,
weil dieser uns vollends befriedigt hat. Die Musik war
bemerkenswert anders, eine willkommene Abwechslung vom
allseits vorherrschendem Minimal. Sicherlich beehren wir
diese imageträchtige Partystätte wieder. Aber
Achtung, "Obacht geben, länger leben", für die
Begehung zum Gebäude ist kein roter Teppich
ausgelegt! ;)
..."


