[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
"...
Silvester
Sucks. Diese Ansicht vertrete ich ja. Also diese
obligatorischen Sau-Exzesse, die nach den Vorstellungen
vieler prinzipiell aufgeführt werden müssen.
Aber da gibs dann natürlich die anderen, im Niveau
etwas - aber nur etwas - gehobeneren Veranstaltungen am
31.12., die es in sich haben. Z.B. die Border Community
Night im Melkweg
in Amsterdam. Das Melkweg ist eine der bedeutendsten
(Party-)Kultur-Lokationen in der Stadt, wo dem Anschein
nach des öfteren eine Orgie von Feuerwerken gefeiert
werden.
Wie
auch am 19.10, dem Tag unserer Anreise für das ADE.
Nahezu sämtliche Acts, welche das Programm in nur
einer (!) Nacht bot, hausieren selten bzw. so gut wie nie
in Deutschland. Somit möchte ich den Timetable zu
einen der extravagantesten zählen, welche sich je in
meinem Leben für eine Clubnacht geboten haben! Namen
gefällig? Guckst du: Pearson
Sound, Kenny Larkin,
Motor City Drum Ensemble,
Kyle Hall,
Caribou, und zuletzt das
"aktuellere" Moritz von Oswald -
Trio: Carl Craig,
Francesto Tristano und
schließlich Oswald selbst.
- W
O W -
Szeneikonen
en masse geballt an einem Ort in einer Nacht. Lapidar
gesagt dürfte sich die 6-stündige Fahrt nach
Holland schon allein für diese Clubnacht gelohnt
haben! Unseren Karten im Vorverkauf schlummerten wie ein
gehüteter Schatz in unseren Hosentaschen. Ein Segen
für all jene, die welche haben, ein Fluch für
all die anderen
Das
Melkweg bietet gerade für solche Aktivisten wie
Oswald & Co. eine angemessene
"Bühne", besitzt es denn eben eine bzw. mehrere.
Diese Kultur-Institution ist eben ein mulitkultureller
Veranstaltungsort, welcher mehr zu bieten hat, als die
reine "Clubbing-Offerte". Aufgeteilt in mehrere "Floors",
verbunden durch großzügige Foyers und
Flurbereiche, können dann eben mal so "Partys" wie
die o. g. am 31.12. oder die nun zu beschreibende
"leichtfüßig gestemmt" werden.
Der
Zauber der Nacht manifestierte sich zugleich in unseren
Sinnesorganen bei Ankunft in Floor 2: Der Jungspund und
vermeintliche Träger des Erbes von Detroit,
Kyle Hall, zauberte mit seinen
langen Tentakel-Armen eine opulente Bass-Architektur zum
Besten, welche aufs Leichteste den prall gefüllten
Raum zum Beben brachte. Kyle Hall gilt als neues
Wunderkind im Technozirkus - Sein "DJ-Dasein" im Rahmen
Carl Craig´s "PLANET E 20TH ANNIVERSARY" nicht
verwunderlich.
Die
ausgesprägte Bassline in seinem Set trug den Vibe
fortwährend in jeden Winkel des Raumes,
Rhythmus-Variationen geschuldet von Reminiszenzen an "UK
Bass Continuum" inkl. Fußnoten bzw. Seitenhiebe in
die Magengrube der - man kann mittlerweile sagen -
Prä-Dubsep-Ära kreierten eine besondere
Sound-Ästhetik, welche euphorische, energetische
Wellen im Publikum geradezu vorpgrammiert - im wahrsten
Sinne des Wortes.
Danilo
Plessow aus Benz-Town aka MCDE konnte augrund unserer
verspäteten "Einkehr zum satten Bass" nicht
begutachten, zumindest ließ er sich zu Hall´s
Set nochmal blicken und lauschte gebannt, ebenso wie
später Carl Craig, dem Set seines Kollegen. Nur
allzu gern wären wir in den diskoiden Klangstrom
dieses Mannes eingetaucht, welcher für Stuttgart
seit geraumer Zeit die House-Fahne in Ehren emporhebt und
erst kürzlich seinen Beitrag zur Fabric-Mix-Reihe
geleistet hat.
Nun
gut, der Abend bot ja noch mehr. Bspw. ein Kenny Larkin,
welcher nach Pearson Sound in der großen Halle -
Floor 1 - sein Können zum Besten gab. Kenny Larkin
pflegt ein intimes, freundschaftliches Verhältnis zu
Carl Craig, ebenso dürfte das auch auf andere Namen
in der Szene zutreffen, bspw. den Labelchefs von Imprints
wie Rush Hour, Transmat, R&S, Warp, Peacefrog Records
und eben Planet E, auf denen Larkin in seiner Diskografie
so einiges zu verzeichnen hat.
Kenny
Larkin ist ein notorischer Eigenbrötler im guten
Sinne, das hört man nicht nur, das sieht man zu
gegeben Zeiten auch: Er verinnerlicht geradezu eine
Aversion zu Drogen jeglicher Art, noch dazu dem Alkohol.
"Das Leben an sich ist aufregend genug" - Vorbildlich,
Hr. Larkin!
Im
Melkweg spielte er ein souveränes DJ Set, die
Spannung im Raum aber wohl eher getragen von den
Hintergrundgeschehnissen. Dort bereitete man schomal das
üppige Setup vor, welches später von drei
Heronen in Anspruch genommen werden sollte. Kommen wir
zur Maintime des Abends.
Moritz
von Oswald (Basic Channel, ein Begriff??) in
Kollaboration mit Craig´s
Sprössling Tristano von der
Band "Aufgang" und eben dem Owner von Planet E
zelebrierten ein - man möchte sagen -
"Live-Konzert", welches von elektronischen und
akustischen Klängen gleichermaßen getragen
wurde. Tristano auf Klavier, Craig als zentraler
Steuerkommanteur an den Synthies und Rechner, und Oswald
schließlich an Drummachines und weiteren
Effektgeräten, welcher sich mal mehr "bescheiden"
ins Rampenlicht einbrachte (Oswald besitzt die Umkehr
eines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms), noch dazu als Sitz
einen konventionellen (oder vlt. ist das ja auch ein
neumodisches Technik-Instrumentatrium) Bürostuhl
wählte.
Alles
in allem ein aussergewöhnliches Szenario, welches
man nicht aller Tage zu sehen bekommt. Das
20-jährige Jubiläum will eben
standesgemäßg gefeiert werden. Die
Klänge, welche das Trio hand in hand aus ihrem
Instrumentartium "herausmeiselten", bildeten im Ganzen
eine experimentelle Sound-Skulptur, welche es im
Großteil eher als "listening-session" zu verstehen
galt. Demnach hielt sich ein Tanzen der Anwesenden in
Grenzen, plötzliche Peaks und fordernde Momente der
Darsteller kamen folgerichtig umso mehr beim Publikum an.
Am
Augenscheinlichsten trat der Beitrag von Francesto
Tristano hervor, nicht nur der Tatsache geschuldet, dass
man jeden Tastendruck auf dem Klavier einsehen konnte.
Besonders die klassischen Sound-Schnipsel machten das Set
so einzigartig, ein Wechselspiel aus Elektronika, Techno,
Ambient, Dub. Wer sich ein Bild von solch Musik machen
möchte, dem kann ich nur die Erzeugnisse des
(eigentlichen) Moritz Von Oswald Trio´s (Oswald mit
Mark Ernestus u.a.!) ans Herz legen: Vertical Ascent
(Honest Jon's Records, 2009) und Horizontal Structures
(Honest Jon's Records, 2011).
Dieser
erstaunliche, vorherrschende Klangraum wurde im Floor 1
fortgeführt von dem ADE-Homie Dimitri Kneppers
gehalten bzw. fortgeführt, wenn auch versehen mit
einem mehr trancigen Charakter. In Floor 2 führte
kein Geringerer als Caribou die
Nacht dem Ende entgegen. Hier sei angemerkt: Caribou trat
nicht in Band-Formation auf, sondern präsentierte
ein DJ-Set, welches nicht minder als "qualitativ
wertvoll" bezeichnet werden kann. Gern hätten wir
mehr Zeit gehabt seiner Musik zu erleben, so blieb uns am
Ende nur noch ein Trost-Ständchen.
Aber
eben wie schon erwähnt: "So much to hear, so little
ears" Dabeisein ist alles.
..."