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himmelfahrt

gebesee

09.05.2013

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]

die erlebnisse von christian h. an einem himmelfahrts-nachmittag in mitteldeutschland... bittesehr und dankeschön, auch an die beteiligten weiteren fotografen michael p. und erika.

 

"... Himmelfahrt. Seit jeher Feiertag in Deutschland, zumindest sicher im „Osten“ - denn das kann ich persönlich beurteilen -, den man wörtlich verstehen kann, darf und vor allem:

Muss. Werden doch stets ambitionierte Partyalternativen dem Feiervolk (ein weiteres Schlagwort, welches im o. g. „Territorium“ ebenso wörtlich verstanden werden darf) präsentiert; man denke da nur an die allseits geliebten Veranstaltungen der „Elan“-Schmiede zurück, welche an entlegenen Winkeln von Natur und letztendlich „Kultur“ (nicht zuletzt der grundsätzlichen Tatsache des immernoch „Nischen-Daseins“ „unserer Szene“, wenn gleich die Open Air´s hiesigen Landes drauf und dran sind, die Wurzeln des Etikettes „Ungewöhnlich“ am Wörtchen „Tekkno“ zu entspinnen - oder besser: zu zerschlagen) statt fanden.

Für eine in vielerlei Hinsichten (dazu im folgenden mehr) anspruchsvolle Freiluft-1-Tages-Veranstaltung müssen jedoch nicht immer Burgen, Schlösser und das wäldische Dickicht als Bühne für den großen Auftritt herhalten. Da kann der passenden Örtlichkeit auch mal Genüge getan sein mit einer bekannten Clubinstitution samt seinem umgebenden Areal, welches für diesen Zweck eben entspr. „aufgerüstet“ wird. In vielen Fällen dann auch gleich ein Club mit entspr. Bekanntheitsgrad und behafteten - positiven - „Image“, so dass der Partyspaß von Beginn an als „garantiert“ betrachtet werden kann.

Wie das am besten funktioniert, haben dieses, wie auch die letzten Jahre, die Querköpfe des „Klangkinos“ in Gebesee unter Beweis gestellt. Unter dem einfachen wie genialen, plakativen Banner „Himmelfahrt“ stellen Sie in Stil, Form und Größe alljährlich ein Programm auf die Beine, welches mindestens in Thüringen seines Gleichen sucht. Aber wie solls auch anders sein, wenn doch allein das Herzstück des Ganzen, eben jenes „Klangkino“, in der Riege der besten Techno-Clubs (nun wieder mit „ch“) Sachsen und Thüringens sich ganz oben wähnen kann. Quasi frei nach dem Motto:

„Die Schallplatte fällt nicht weit vom Stamm“. Das programmatische Prädikat „Klangkino“ sollte sich eben nicht nur auf die reinen Clubnächte erstrecken.

Und so, wie im vorherigen Absatz schon vorweggenommen, gab es auch dieses Jahr abermals ein geschmackvolles Freiluft-Kino der besonderen Güte: Lokalmatadoren, Klangkino-Residierende, Label-Homies, Newcomer, Dauerbrenner, Traditionalisten, Lückenfüller (diese Begrifflichkeit muss ja nicht immer abwertend aufgefasst werden; und irgendwie muss man ja auf die 80 Acts kommen...), und... natürlich Headliner. Aufgeteilt auf, wie zu erwarten, mehreren - mehr oder weniger ansehnlichen - Floors sollte für jedes Herz etwas dabeigewesen sein. Im Vorfeld der Feierlichkeit konnte man schon mal unvoreingenommen konstatieren: Die größte Techno-Party „weit und breit“. Denn der Inhalt - zumindest in „quantitiver Form“ des vollgepackten Geschenkpaketes an diesem F E I E R - Tag, welches für 25 € (Abendkasse) zu erwerben war, sollte schon anhand der Flyer-Aufschriften absehbar gewesen sein: „6 Floors, 80 Acts, 24h“.

Soviel zu den Fakten und der Größe des ganzen Zirkus (im Themenbereich von „Techno-Veranstaltungen“ eigentlich immer als „positive“ Umschreibung zu sehen!). Viel ist Groß.

Groß ist Viel. Groß ist aber - zum Glück - nicht Alles. Gerade Synonyme wie „Wachsen“ und „Vergrößern“ sind bei kommerziellen Events heutzutage mehr denn je im Munde; viele Artgenossen, besonders die erster, „back2theroots“-Gattungen von Musik- und Technokultur-Konsumenten, blicken dem Ganzen oft mit einem weinenden Auge entgegen. Mit der Masse von Dingen leidet bekanntlich - allzu oft - die Qualität. Wenn dann von den Veranstaltern dann stolz mit dem Wachstumszustand des Events geworben wird, muss man nicht gleich allen Grund dazu haben, diesen noch freudiger in die Arme zu springen.

Jedoch, und dass muss festgehalten werden, schlägt sich physikalische Mutation in diesem Falle wie dem Himmelfahrt-Event nicht negativ zu Buche. „Tiefe“ - worauf es dem vermeintlichen Techno-Head doch ankommen sollte - wird dem Ganzen durch eine Vielzahl von optisch differenziert ausgestalteten Arealen geboten und - natürlich - den „Klangkinoquellen“ an sich: Den auftretenden Künstlern. Die „Großen“, sprich Headliner, fand man somit in den territorial größeren Areas, die „Kleineren“ (wie süß) folgerichtig an den eher „klein aber feineren“ Tanzflächen. Diese Aufteilung macht zweifelsohne Sinn.

Wem dieses Angebot an „Halb-Open-Air“ Schauplätzen (denn leider verdecken viele Stages mit Ihren Zeltplanen die freie Sicht nach daußen) nicht genügte, der konnte ja immernoch Unterschlupf im Club finden. Alleine mit dem Clubprogramm werden sicherlich viele Besucher auf Ihre Kosten gekommen sein. Aber nun der Reihe nach...

... bzw. zur ganz persönlichen „Erlebnisstory“:

Die Weitläufigkeit des „Festival-Geländes“ war schon bei der Anfahrt bzw. Parkplatz-Suche auszumessen. Nach gefundenem „Plätzchen“ ließ man sich da erst mal für eine geraume Zeit nieder. Schon bald schlich sich in dieser Naturidylle aus Wiesen und Felder das Festival-Feeling ein. Für viele dürfte das „Himmelfahrt“ - Event der Start in diese Saison gewesen sein (so auch für mich...). Das Wetter passend dazu: Eine Mixtur aus beißender Sonne und blauem Himmel, unberechenbaren Regenergüssen und mehr oder weniger tobenden Windböhen. Treuer Begleiter: Wolken. Aber man muss es doch so sehen: Immerhin kein Schnee (wie erst „kürzlich“ zu Ostern...)!

Am Nachmittag auf dem eigentlichen Festivalgelände angekommen fiel sofort die mit Sandboden gesäumte Freiluft-Stage auf, die lediglich mit einem Sonnensegel teilweise bedeckt wird. Diese lässt sofort Parallelen zur Seebühne auf einem gewissen Festival in Olganitz ziehen. In diesem Falle tituliert sich diese mit „Bayou Beach Club“. Dort gaben sich - wie zu erwarten - allen voran Kenny Leaven & Pepe die Klinke in die Hand, pk45 sowie dazwischen auch die Adana Twins. Housige Gemütlich- und Lässigkeit vom Feinsten!

Da konnte man schonmal über die paar „Regentröpfchen“ (jetzt sind es nur noch „Regentröpfchen“) hinwegsehen. Für den Deephouse-Jünger (vlt. das „Unwort“ 2012, aber nun kann man es ja wieder in den Mund nehmen...) jedenfalls stets eine sichere Basis.

Nicht ganz so „Freiluftmäßig“ ging es auf den beiden größeren Stages zu, der „Mainstage“ (gehostet by „deep“) und der „Housestage“ (gehostet by „La Rouge“) zu. Denn, wie schon gesagt, fand man sich dort in allseitigen Überdachungen mit - meiner Meinung nach - Bierzelt-Romantik ein. In erstgenannter Räumlichkeit traten Acts wie der immer populärer werdende Oliver Schories - Live!, Markus Kavka, Beatamines & David Jach (Live) und alte Hasen bzw. Karotten wie AKA AKA und Karotte sowie viele viele mehr auf.

Auf der „Housestage“ gab es „kommerziellere House-Sounds“ auf die Ohren von (ein Auszug): Lexer & Tom B., DJ Falcon, Lydia Eisenblätter, Superzandy und Gestört aber geil (was für ein gestörter aber geiler Name!).

Wer mag es glauben: Beide „Hütten“ war zu jeder Zeit (zumindest zu der „jeder Zeit“, die ich dort erlebt habe...) prall gefüllt!

Allzeit waren die verschiedene Areale anstatt in Massen maßvoll mit feierlaunigen Menschen gefüllt; Gefühle der Beengtheit und Freiraum-Entzug sollten sich keineswegs einstellen! Gut so! Trotz dem „nächsten geilen Scheiß“ auf Festivals mit so neumodischen Ausstattungen wie einer „Konfettiblasmaschine“ (gibs dafür eine offizielle Bezeichnung?) auf der „Chillout“-Area (gehostet by „Wolke“)! Ja, was es denn nicht alles gibt! Das Teil kam jedenfalls mehr als gut beim Publikum an! Viele Szenen erinnerten stark an Kindheitserlebnisse auf dem Spielplatz... und schon wären wir beim Schlagwort:

„Erwachsenspielplatz“ (auch ganz ohne Bar 25). Fakt ist: Nice Ideas seitens der Veranstalter! Musiken bspw. von Cortex Delay, Peedge und einem Sven Tasnadi gaben Ihr Übriges dazu...

Das bunte Konglomerat an Dancefloors komplettierten die beiden Innenräumlichkeiten des Klangkinos: Das sog. „Heizhaus“ (gehostet by „Hard&Smart“, „Motorenfabrik“) mit der eherhärteren Gangart des Technos und selbstverständlich der Mainfloor. Ein Auszug des Line Ups zweitgenannter Szenerie: Burlesque, PK 45 (Nebenanmerkung: welcher auch hinter den Decks beim Bayou Beach Club zugegen war. Gut so!), Tobias Abicht, Gunjah, Thomas Stieler und Monkey Maffia samt ihrer Rasselbande „Freude am Tanzen“, und - Achtung! - Barnt! Der hochgelobte Newcomer letzten Jahres, prämiert mit so manchen Auszeichnungen, bspw. von einer seriösen Fachpresse wie der „Groove“.

Die Website des Grooves-Magzins schreibt folgende Zeilen über Barnt (ein Auszug): Mit „Geffen“ hat sich Daniel Ansorge – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Barnt – im vergangenen Jahr endgültig ins Rampenlicht katapultiert. Der Track erschien im Frühjahr 2012 auf dem Mini-Sampler „The Power Of Now“ des kölsch-südamerikanischen Labels Cómeme und wanderte mit seinem hypnotisch trockenen Bass in derart viele Plattentaschen, dass er in unseren DJ-Jahrescharts den verdienten dritten Platz einnahm. Bei „Geffen“ zeigt sich so etwas wie das Tanzflächengesicht Ansorges, der als Teil des Kölner Labelkollektivs Magazine auch keine Angst vor ausufernden Expeditionen in kosmische Kraut-Gefilde besitzt.

Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgten wir somit das Set von diesem Herrn, welcher in unserer Gegend ohnehin so far nicht so oft zu sehen war wie bspw. ein Karotte (was sich ggf. noch ändern wird...). Es war ein fulminantes Gewitter an wuchtig-aufbäumenden Basswänden mit gen Ewigkeit schallenden Rave-Siren! Paukenschlag! Bäm! Um nicht weiter der blumigen Ausdrucksweise zu verfallen, einfach in short: es war - leider? - GEIL!

Aber sowas von! Gerne mehr (z.B. auf dem - bereits - besagten Festival in Olganitz in ein paar Wochen...)!

Mit Spannung war da auch das „Chance Over“ des „Polynom-Heads“ Thomas Stieler zu erwarten, welcher im und um den Dunstkreis von „Fatplastics“ bzw. Jena durch seine Triebtätigkeiten und konstant hochwertigen musikalischen Output immer größere Wellen zu schlagen scheint. Meisterhaft und gekonnt leitete er den etwas technoideren Mix seines Vorgängers auf die housigere Tour um, ohne dabei an Spannung und Energie einzubüßen. Spätestens an den Reaktionen des Publikums war das zu erkennen - weiterhin: Full & Loud House! Mit einem stilvollen und „seriösen“ (schönes Wort) Disko-Deep-House-Set leutete Stieler die Mitternacht ein. Die Zeit, welche für uns das Ende für dieses Jahr auf diesem Event beteudete.

Was danach passierte, steht in den Sternen. Oder einfach auf einem anderen Schriftstück.

Zuletzt: Die „Tiefe“, von welcher in Absätzen weiter vorne die Rede war, konnte man spätestens mit letztgenannten beiden Auftritten am eigenen Leibe erleben. Man musste nur den Gang in das schöne Klangkino wagen. Und dem vorausgesetzt auf dem schönen Himmelfahrt-Event anwesend sein. Wer es dieses Jahr nicht geschafft hat, der sollte das nächste Jahr ins Visier nehmen.

Die Konfettiblasmaschine wartet auf euch!"

2013 by bullytm, text christian h., pics by christian h./michael p./erika ] - powered by STORM Urban Water H2O + ENERGY !


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