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sass - wien

21.01.2011

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]

seit vielen jahren gibt der radiosender fm4 und dessen freitägliche sendung la boum deluxe (siehe auch review vom 22.01.2011) einen einblick in die österreichische techno/house/electro szene. dj- und künstlernamen wie tina303, heinz reich, bto spider, joyce muniz, simonlebon und insbesondere patrick pulsinger sind mir daher scheinbar so vertraut, als würden sie einmal wöchentlich in erfurt, jena, meiningen oder nürnberg auflegen.

[anm.d.red.: der bto spider natürlich nicht bei der sendung la boum, sondern bei seiner eigenen namens "high spirits" jeden dienstag 22 bis 0uhr!]

unabhängig davon hat sich seit ca. 2 jahren bereits eine kleine thüringen-österreich achse entwickelt, in der sich djs wie laminat (wien/österreich) oder unser thomas stieler (saalfeld/thüringen) gegenseitig austauschen. so kam eben besagter laminat in den genuss z.b. bei spinning wax in erfurt zu spielen und wiederum thomas stieler z.b. im wiener flex. jeweils natürlich mit entsprechenden kompagnons im gepäck, frank dobermann oder gregor möller z.b.

anlässlich eines kleinen kurzurlaubs in wien, nutzten wir die gelegenheit, uns persönlich von den gegebenheiten vor ort zu überzeugen.

denn die in den wöchentlichen partydates von la boum deluxe genannten termine von wiener clubs wie dem flex, pratersauna, fluc/fluc wanne, the loft oder dem sass (um nur ein paar beispiele zu nennen), machten uns schon länger neugierig.

das wien als stadt natürlich ebenfalls viel zu bieten hat, insbesondere im klassischen bereich (mozart, strauss...), soll natürlich nicht unerwähnt bleiben.

die 1,6 millionen einwohner große stadt ist im vergleich zu den anderen metropolen europas eher beschaulich. so konzentriert sich der klassische kern der stadt auf die stadtviertel innerhalb des stadt-/opernrings, welcher die (nahezu komplett erhaltene) altstadt umschließt und teilweise auch von der donau begrenzt wird. aber in dieser konzentration liegt auch ein gewisser reiz.

außerhalb des stadtrings fasert sich die stadt in wohn- und industriegebiete auf, wie das in anderen städten auch der fall ist. direkt angrenzend an den stadtring befinden sich aber auch noch einige parks und sehenswürdigkeiten. zum beispiel der prater, ein ganzjährig geöffneter vergnügungspark ähnlich coney island in new york. ganz in dieser nähe befindet sich neben der o.g. pratersauner auch der städtische straßenstrich (den wir etwas unfreiwillig beim suchen der pratersauna entdeckten).

[anm.d.red.: ... und nicht nutzten... :) ]

unser eindruck ist daher der, dass innerhalb des stadtrings alles (wirklich sehr) postkartenschön ist und somit dort das klassische wien entdeckt werden kann und soll. was wir auch wirklich nur empfehlen können! spart am hotel und investiert in kaffeehäuser, sachertorten, wiener melanges/schnitzel/würstchen, mohr im hemd, apfelstrudel, tafelspitz... es ist wirklich alles so lecker, wie es sich anhört und letzten endes vom preis-/leistungsverhältnis her auch ok. zumindest läuft man seltenst gefahr, abgezockt zu werden, wie das in anderen metropolen europas sehr schnell der fall ist.

denn auch diesen eindruck hatten wir: der wiener ist ehrlich, bodenständig, durchaus ein bißchen gemütlich, aber auch ein genießer vor dem herrn, das merkte man insbesondere in der gastronomie.

genießer ist der wiener (und jetzt kommen wir zum punkt) aber auch in sachen nachtleben. natürlich haben wir uns dabei auf die elektronischen spezialitäten konzentriert und beispielhaft den club sass direkt am karlsplatz (und somit äußersten teil des stadtrings) besucht.

im prinzip befinden sich alle oben genannten clubs außerhalb des klassischen stadtkerns, was bestätigt, dass kreatives leben eben nicht in der cleanen innenstadt, sondern eher in den abseitigeren, zugesprayten, durchaus auch dreckigen vierteln stattfindet. das gilt auch für alle sonstigen kunst- und alternativ-strömungen, die teilweise untrennbar mit diesen clubs verbunden sind.

der sass club scheint in diesem zusammenhang das zwitterwesen und bindeglied zwischen innen-/aussenstadt zu sein. er liegt direkt am karlsplatz und somit noch gerade in laufnähe zur innenstadt, aber eben am äußersten rand davon.

untergebracht in einem für wien typischen bürgerhaus mit barockem balkon und verziehrungen, mutet der in dezentem schwarz gehaltene eingang etwas fremdkörpermäßig an und nimmt damit bereits vorweg, dass sich hinter dieser tür etwas außergewöhnliches befinden muss.

und tatsächlich staunten wir nicht schlecht nach betreten des clubs, welcher zwar räumlich sehr kompakt, jedoch im rahmen dieser möglichkeiten perfekt gestaltet ist.

akustisch optimal, ist der boden und die wände aus holz und das licht bei unserer ankunft angenehm gedimmt. die am eingang dominierende große bar ist gut besetzt und alle dort angelehnten sind bereits in bester laune.

die anlage im sass selbst ist auf den raum eingestellt und nahezu perfekt ausgepegelt. dafür zeichneten sich auch diesselben spezialisten verantwortlich, welche auch das über österreich weit hinaus bekannte soundsystem des club flex hier wien einstellten. bzgl. des flex hält sich ja das wackere gerücht, es hätte die beste anlage europas, was wir gerne bei unserem nächsten besuch in wien herausfinden wollen.

im sass war heute abend die reihe the room angesagt, welche von drei wiener protagonisten gehostet wird. niko marenzi, daniel haider und jens timber haben mit ihren veranstaltungen in wien bereits so ziemlich alle clubs bespielt und sich seit geraumer zeit im sass angesiedelt.

darüber hinaus gibt es noch 5 weitere veranstalter-teams, welche ingesamt ein sehr rundes und weitestgehend elektronisch geprägtes programm im sass bieten.

auf grund der optimalen voraussetzungen hier im club, kann ich das auch durchaus nachvollziehen, dass gleich mehrere veranstalter-gruppen um die gunst des clubs buhlen.

die liste der hier gespielten djs ist lange und umfasst alles, was rang und namen im elektronischen bereich hat. dabei setzt man - der heutige abend beweist es - bewusst nicht ausschließlich auf große namen.

muss man auch nicht, denn ich würde schätzen, mehr als 600 leute dürften nur schwer platz finden in diesem kleinen, aber feinen etablissement. und diese interessierten kommen eben auch zu einem abend mit wiener djs, genauso wie zu ben klock, tiefschwarz, tobi neumann, karotte, hell (welche allsamt bereits hier gespielt haben).

die türpolitik ist sachlich, aber nicht herablassend, was zu einer sehr bunten mischung des publikums führt. über ein paar jacket & kleid tragenden mutmaßlichen afterwork- oder opernbesuchern, den klassischen berliner slack-hippies bishin zu (natürlich... so wie wir im prinzip auch) ein paar touristen, hornbrillenträgern/innen, ist jeder typus vertreten.

jedoch erwecken alle den eindruck zu wissen warum sie hier sind und es entsteht vor allem das gefühl, dass jeder zu schätzen weiss, hier zu sein.

die später aktiver genutzte deckeninstallation erinnerte uns etwas an das watergate in berlin, wenngleich man hier in wien bewusst nicht auf led-artige lichter, sondern vielmehr stilistisch passendere, kronleuchtergleiche leuchtmittel setzt.

der von den drei wiener djs präsentierte sound bewegte sich im (selbst so betitelten) minimaldeepelectronicdubtechno-sound und ist ganz diesem motto folgend weit gestreut, ohne dabei konfus zwischen den stilen zu wechseln.

das führte alles in allem zu einem sehr guten gefühl, dass man hier a.) weiss was man tut und b.) auch weiss, für wen man es tut.

insgesamt können wir daher ein sehr positives fazit des wiener nachtlebens ziehen, welches abwechslungsreich, aber noch nicht überladen wirkt und genau darin (zusätzlich zu den sonstigen annehmlichkeiten wiens) liegt m.e. auch der charme dieser stadt!

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