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louie austen
@ mariott - wien

ODER:

die geschichte des "mixtapes"

22.01.2011

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]

auch wenn das heute undenkbar scheint, so gab es einmal eine welt ohne internet, ohne mp3 und ohne podcasts. eine zeit, da man sich über musik nicht im world wide web informierte, sondern auf die hiesige radiolandschaft angewiesen war.

je nachdem, ob man in einem der geographisch begrenzten räume lebte, in denen ein radiosender mit (wie auch immer geartetem) "jugendprogramm" empfangbar war, konnte man sich zu den auserwählten zählen, die nicht gänzlich abgekoppelt waren von subkultur. alle anderen mussten sich etwas einfallen lassen... schulbrote tauschen, auf den nächsten berg fahren, mc-gyver-ähnlich abenteuerliche antennen basteln, auf den führerschein warten oder sonst irgendwelche handstände fabrizieren.

eine zeit, in der man noch woche für woche der "hr3 clubnight" in hessen lauschte, "zündfunk" auf br2 in bayern hörte, die worte "marusha´s rave satellite" im großraum berlin noch keinerlei negative reaktionen hervorriefen, dt64 ganz allgemein den osten deutschlands mit den unterschiedlichsten musikalischen subkulturen (insbesondere auch elektronische) vertraut machte und viele mehr.

da saß man nun vor seinem doppeltapedeck (was schon einen gewissen luxus darstellte) und nahm eine kassette nach der anderen auf. dabei immer wohlweislich darauf bedacht, zur rechten zeit die pause taste losgelassen und die record-taste gedrückt zu haben.

mit steigender mobilität und voranschreitendem fortschritt konnte man später radiosender über satellit empfangen und hatte - neben den deutschlandweiten stationen - somit zugriff auf die programme aus großbritannien (z.b. bbc1: essential mix), frankreich, schweiz oder österreich (fm4: la boum deluxe).

die vermessung der elektronischen welt konnte damit beginnen und das global village hat genau zu diesem zeitpunkt seine ersten einwohner erhalten - auch ohne internet.

bevor dieses sich durchsetzte, stieg man erstmal von kassetten auf beschreibbare cds um. hunderttausende von schwarzen plastikbändern verstaubten fortan in wackeligen kommoden und die mixtape-mafia stand damit vor dem aus.

 

zwar konnten die einst angehenden jungunternehmer, welche ihren lebensunterhalt mit dem kopieren und europaweiten verschicken von kassetten bestritten, ihr geschäftsmodell nahezu unverändert noch 2-3 jahre auf die nun dominierenden silberlinge übertragen, doch relativ schnell machte das mp3-format auch diesem gebahren ein ende. nun wurden mp3´s inflationär auf cd, kurz später auf dvd gebrannt und wiederum einen tick später auf externe speichermedien ausgegliedert und so weiter und so weiter... tauschen hieß nun sharen... und mittlerweile (stand januar 2011) sind wir kurz davor, ganz in einer soundcloud aufzugehen und bald überhaupt keinen haptischen datenträger mehr unser eigen zu nennen.

aber was hat diese (anm.d.red.: schon wieder extrem lang geratene) einleitung nun mit österreich, wien und louie austen zutun?

nun, die o.g. sendung "la boum deluxe" auf dem österreichischen sender fm4, ist eine dieser langjährigen radio-vertreter, welche seit den frühen neunzigern in meine wahrnehmung getreten sind und sie seither auch nicht mehr verlassen haben, bis heute. ein unveränderter mammut-block jeden freitag von 21.30 bis 6uhr früh, vollgepackt ausschließlich mit techno, house, drum´n bass sowie allen spielarten davor/daneben/danach, wöchentlich wechselnd mit unterschiedlichen schwerpunkten.

neben z.b. tina303 und heinz reich, auch moderiert von patrick pulsinger. welcher neben seinem eigenen künstlerischen schaffen als dj, remixer, labelowner (cheap records) eben auch produzent ist.

[anm.d.red.: zu dem kurz gefassten "seinem eigenen künstlerischen schaffen" weisen wir vorsorglich daraufhin, dass patrick pulsinger für sich betrachtet schon soviel eigenleben hat, dass man es in einem gesonderten review abhandeln müsste. nur soviel an der stelle, dass er aktuell ein neues album draußen hat und jüngst als produzent für hercules & love affair ebenfalls albumtechnisch tätig war! insofern sei diese unchristliche raffung seiner künste als direkte aufforderung zu verstehen, ihn doch bitte tunlichst schnell nach deutschland/thüringen/nrw zum auflegen zu buchen! :) ]

und zack, da schließt sich der kreis (fast)... denn in eben dieser funktion, hat patrick pulsinger ab 1999 mit louie austen zusammen produziert und die ergebnisse dessen (natürlich) auf cheap records veröffentlicht!

hervorgegangen ist daraus u.a. die uns (wohl) bekannteste single hoping, welche louie austen 2002/2003 auch in den diversen clubs weltweit live performte. im kassablanca/jena z.b. (siehe review 2002)

noch heute ist uns in dieser beziehung der auftritt von louie austen beim melt festival 2002 in erinnerung (siehe review 2002), welcher neben einem planmäßigen live-auftritt auch eine direkt anschließende spontan-kollaboration mit dem (lt. lineup) nächstfolgenden act (kein geringerer als erobique) zur folge hatte. das ganze klang doch noch einmal so rund, dass man es perfekter eigentlich nicht hätte machen können.

schon damals fiel uns das improvisationsgeschick und die selbstsicherheit des künstlers auf, welcher scheinbar zu jedem hintergrund einen passenden gesangs-part anstimmen konnte. ein entertainer alter schule und definitiv das, was man allgemeinhin als "crooner" oder auch als "discodancer, sweet romancer" bezeichnen könnte, ja bezeichnen muss.

nun schließt sich der kreis dann aber definitiv, denn bei unserem besuch der schönen stadt wien (siehe vorheriges review...), fiel uns auf, dass der schon früher in biographien genannte regelmäßige auftritt in diversen piano-bars wien, auch noch heute stattfindet.

um genau zu sein im wiener mariott hotel und der dortigen cascade bar, üblicherweise samstags und das bereits seit über 25 jahren!

nachdem wir seine kürzliche darbietung im erfurter cosmopolar verpassten, erlebten wir ihn heute abend quasi in freier wildbahn, denn nach 25 jahren kann man das hier wohl trefflichst als residenz bezeichnen.

so erlebten wir einen ähnlich charismatischen auftritt, wie bereits vor vielen jahren live in gräfenhainichen (melt festival) und jena. allerdings war der altersdurchschnitt (verständlicherweise) um uns herum deutlich höher. da eben dieses publikum noch dazu wünsche für die gesungenen songs einbringen konnte, kamen wir leider nicht in den genuss, "hoping" version 2011 zu hören. aber wir gaben uns gerne mit amerikanischen großmeistern/innen aus dem blues, jazz & soul kontext zufrieden.

wie jetzt im januar in erfurt, tourt louie austen nach wie vor um die welt.

denn trotz seiner vorliebe für ältere klassiker, bleibt er ganz seinem naturell entsprechend in bewegung und hat (ähnlich dem damaligen hit "hoping")  jüngst in 2010 einen remix des tracks "make your move" von ruede hagelstein zur discographie hinzugefügt...

in diesem sinne sehen wir uns ggf. demnächst wieder in einem club eurer wahl... oder eben doch in wien, samstags im mariott hotel.

[anm.d.red.: wir wissen nicht genau warum, aber wir halten es für notwendig, sicherheitshalber darauf hinzuweisen, dass keiner der szenemag-mitarbeiter jemals in einem mariott hotel genächtigt hat und die o.g. cascade bar auch ohne übernachtung im angegliederten hotel eintrittsfrei betreten werden darf. nicht, dass hier jemand ein falsches bild erhält!]

 

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