[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
was
lange währt, wird endlich gut. christian h.
und sein timewarp bericht. vielen dank christian, auch
wenn es etwas länger gedauert hat als sonst.
dafür gibts für euch einen extrem detaillierten
bericht.
die
time warp haben wir in den letzten jahren alles andere
als vollständig besucht. dennoch gibt es time warp
erfahrungen, z.b. eine von unserem "gründervater"
alex aus dem lang zurückliegenden jahr
2000
oder dem chris & suomi aus
2001.
danach nahmen wir den time warp faden erst wieder in
2010
auf.
wenn
das alles so stimmt, was wir so in unseren reviews
schreiben, dann war die time warp in 2001 bereits die 12.
ihrer art, d.h. wir befinden uns in 2011 bereits bei der
22. ausgabe. somit ist die time warp in der tat einer der
ganz alten (überlebenden) dinosaurier alter
rave-tage.
"...
Liebe Club- und - nun kann man das Wort in den Mund
nehmen - FESTIVALfreunde, die Saison der Megaraves und
Festivals ist gestartet, offiziell in Deutschland -
immerhin für einen Großteil von
Szenekünstlern - mit der jährlich
stattfindenden Timewarp-Veranstaltung in Mannheim. So
auch am 02.04.2011, an welchem das Messegelände
Maimarkthallen auf den Kopf gestellt wurde.
Aufs
Stichwort: "Auf den Kopf gestellt". So verkopft sich das
ganze anhört, unser Kopf wurde auch auf den Kopf
gestellt. Ruhe, Gedanken sammeln, tief durchatmen. Und
NEIN, dieser Bericht hier geht mir alles andere als
leicht von der Hand. Ist es doch so viel, was man
schreiben könnte - es hat sich soviel Futter
angesammelt, das man gar nicht weiss, wo man anfangen
soll.
Unzählige
Eindrücke und Bilder, die im Kopf kreisen. Dann und
wann Sound-Fresken (ein besonders - wie ich meine -
treffender Neologismus) in den Gedächtniswelten
manifestiert. Es bleibt einiges! Und das ist etwas
schönes (die philsophische Schiene haben wir soeben
eingefahren (jetzt schon...)), denn diesen prall
gefüllten, kunterbunten Rucksack trägt man
für eine gewisse Zeit mit durchs Leben. Erlebnisse
teilen, in Erinnerungen schwelgen, ins Techno-Universum
weiter eingetauchen und das Musikverständnis
ausgeweiten.
Die
Techno-Lawine rollt und rollt, und es scheint kein
Stoppen zu geben. Nicht in unserer Szene, schon allein
aufgrund der fundamentalen Basis von technischen, schnell
wandelnden und immer mehr ausgereizten Gadgets, auf
welchen die Techno-Musik baut. Revolution, Antrieb,
Ideen, Fortschritt, Entwicklung, Entfaltung, Zukunft,...
und? - GUDE Laune! Fangen wir uns nun wieder und kommen
zum Wesentlichen: Dem "Festival für Jetztmusik und
Medienkunst".
Der
Name propagiert es ja schon und jedem sollte schon jetzt
klar sein: Es geht um weitaus mehr als nur Musik. Wobei
vordergründig natürlich die Klänge die
vorherrschende Macht darstellen, doch für diese
vermeintliche Vorherrschaft tragen schließlich das
Drumherum in hohem Maße bei. Und um den Bogen
wieder zur TTK zu schlagen: Die Timewarp ist zu einem
Rundum-Sorglos-Paket geschnürt, ein Geschenk
für den Musikfreund. Dumm, wenn man das nicht
annimmt.
Besonders
in unserer Technonation, wo immer mehr kommerzielle,
massentaugliche Events aus dem Boden sprießen, ist
es eine Genugtuung sondersgleichen, die
Festival-Entwicklung der Timewarp zu beobachten:
Schmückt sich das Line-Up jährlich doch mit den
angesagtesten und interessantesten, internationalen
Künstlern, fernab des Mainstreams. Und das seit nun
16 Jahren. Bezeichnend für dieses Faktum die
Playtime von Laserkraft 3D am
frühen Samstag Abend um 21:30 (aber man muss
gestehen, zu späterer Stunde hätte sich der
Sound weiß Gott nicht mit dem folgendem
Musikstilgemenge vertragen).
[anm.d.red.:
hmm, irgendwer hat falsch gerechnet, entweder wir oder
christian... nja, egal ob 16 oder 22, auf jedenfall ne
lange zeit...]
Zu
späterer Stund, da wären:
Luciano und Carl
Craig - klick 2 klick (tief durchatmen
Christian), Ricardo Villalobos,
Stefan Goldman (Macro Records -
bitte unbedingt den Backkatalog aufrollen!),
Jacek Sienkiewicz aus Warschau
(neues Album: "On the Road"), das hochgepriesene Live-Set
eines Henrik Schwarz - sozusagen
Techno "Made in Germany", wie es Sven
Väth im O-Ton lautstarkt
angkündigte.
So
habe ich den Namen schon wieder erwähnt, obwohl ich
versucht hatte, ihn aussen vor zu lassen. Wayne. Wer
noch? Die Technofrigatte mit Chris
Liebing, Len Faki und -
alles wird gut Christian - Planetary Aussault
System, das hoch gelobte Projekt eines Luke
Slaters. Unmöglich jedem Act - sowohl live vor Ort,
wie nachgeschaltet in der Berichterstattung - gerecht zu
werden, soll aber nun noch die paar Namen nicht
unerwähnt bleiben: Dubfire, die
Minus-Posse Hawtin,
Gaiser, Magda,
Barem, Josh
Wink, Marco Carola,
Carl Cox...
Cut
(ich muss auf meinen Blutdruck achten...)! Auf dem
Messegelände bietet sich natürlich genug Platz
für solch ein Aufgebot. Mehrere, große Hallen
(wie das so ist auf einem Messegelände) stehen in
Reih und Glied auf dem Areal. Neben den eigentlichen,
sounddienlichen Hallen gibt es eigens welche für
Essen und Trinken, Chillen (sehr zu empfehlen...),
Garderobe usw. Die Dimensionen sind eben anders gestrickt
als die übliche Clubnacht.
Timewarp
ist gut "beladen", aber nicht ÜBERladen! So mein
Eindruck der diesjährigen Auflage. Allzeit hatte man
genug Freiraum um sich, egal wo man sich befand. Entweder
aufgrund ausgeklügelter Organisationssysteme seitens
der Veranstalter (Einlasspolitik, Bündelung von
Verkehrsströmen, Stichwort: Höhere
Sicherheitsanforderungen aufgrund Love Parade) oder
einfach weil weniger "los war" als in den Jahre zuvor.
Letzten Punkt kann ich mir weniger vorstellen, denn woran
sollte das schon liegen?
Die
Running-Order lies sich so gut wie schon lange nicht
mehr, das Wetter war ebenfalls so gut so wie seit Jahren
nicht mehr (Floor 5 - Ibiza lässt grüßen
(ich komm gleich dazu)), und der Preis hat sich auch
nicht erhöht (im Gegensatz zu einigen anderen,
deutschen Festivals). Timewarp ist und bleibt für
mich das beste und einzige (?) deutsche In-door-Festival,
welches dem Spirit und Grundzügen der Techno-Kultur
- Unabhängigkeit, Abgrenzung zum Mainstream etc. -
am meisten treu geblieben ist.
Wie
ihr sicherlich bemerkt habt, gab es bisher kein
größeres Eingehen auf bestimmte
Aktivitäten und Geschehnisse in dieser kleinen
"Mikrogesellschaft" in Mannheim. Ich wehre mich bewusst
dagegen, denn wenn ich einmmal anfang, könnte es
passieren dass ihr mein Schreiben 10 Seiten weiter immer
noch lest. Und das wollen wir doch alle nicht, oder? Nun
denn, dem Prinzip halber möchte ich trotzdem mein
Ablassventil penibel aufdrehen, in größter
Konzentration, das ja nicht zu viel heraus
kommt.
Wir
schreiben Sonntag, den 03.04.2011, früh morgens um
09:00 Uhr, Floor 5 - dem überglasten Pavillion-Floor
auf dem Maimarktgelände in Mannheim. Es geht gerade
eine Party von statten, die man gewiss zu den
besondersten und "wichtigsten" des ganzen Jahres
bezeichnen kann. Eine Party, die jährlich immer von
der gleichen Sorte ist. Man sagt, das wiederholtes i-wann
zur Gewohnheit wird und Gewohnheit dann und wann zu
Langeweile führt. Ja, für gewöhnlich. Aber
was ist hier schon gewöhnlich?!
Ein
Altmeister, ein "Elder statesman" des Technos, ein
Pionier in unserer Szene, oder einfach eine lebende
Legende: Laurent Garnier himself hat
seinen Stammplatz in Floor 5 auf der Timewarp. Das ist so
sicher wie das Amen in der Kirche bzw. so sicher wie eine
gelungene Party in Floor 5. Die letzten Jahre
"free-solo", heuer mit einer größeren
Marschtruppe: Sind es nominell nur 2 Köpfe mehr, war
der Sound heuer so "groß" wie lange nicht mehr:
L.B.S. hielt Einzug in den Ibzia-Flair-versprühenden
Pavillion der Timewarp.
Laurent
Garnier bastelt auf seine Art weiter daran, Live- und
DJ-Set zu einer Einheit zu vermischen. Während bei
anderen die Technologie im Vordergrund steht, geht es bei
dem französischen House- und Techno-Veteranen immer
über die Einbindung und Interaktion mit befreundeten
Musikern. L.B.S. besteht aus den
langjährigen Kollaborateuren Benjamin
Rippert und Stephan Scan
X, gestartet nach der letzten gemeinsamen Tour
zu seinem aktuellen Album "Tales Of A
Kleptomanic".
L.B.S.
sprengt dabei die Grenzen zu allem bisher Dagewesenen. In
einer einzigartigen Hybrid-Performance vereinen Garnier,
Benjamin Rippert und Scan X Elemente aus DJing, Live und
Instrumentals in einem treibenden Club-Set. Der Act lebt
dabei nicht nur von der reinen Innovation an sich,
sondern vor allem auch durch die individuellen
Fähigkeiten der drei Protagonisten, etwa den
virtuosen Improvisationen von Benjamin Rippert am Rhodes
Stage-Piano oder den sich langsam aufbauenden
Soundflächen aus den Synthesizern eines Scan
X.
Die
drei Haudegen schickten die Menge mit rasanter Fahrt
durch den Morgen. Der Sound war so mächtig und
"episch", und zugleich so elegant wie kein anderer. Man
hat ja schon viel gehört, aber dann hört man
Sounds wie von einem anderen Planeten. Von den
Protagonisten mit einer Gelassenheit zelebriert wie das
morgendliche Frühstücksei, entfaltet die
Darbietung eine Coolness sondergleichen.
Die
einfallenden, rasierklingenscharfen Sonnenstrahlen der
prallen Morgensonne, die anspornenden und sinnlichen
Sprecheinlagen des Franzosen, die pulsierende, treibende
Masse von Menschen, und zu guter letzt dieser gnadenlos,
gute Sound. Gänsehaut. Es gibt wenig vergleichbares,
auf der Timewarp sowieso nicht. Und das weiß auch
der Begründer der Veranstaltung, und so hatte dieser
auch wieder sein x-tes Déjà-vu-Erlebnis mit
Floor 5 bzw. mit Laurent Garnier.
Die
Kenner wissen um den Wert dieses Zeitraums und diesen
Ortes, somit war der Pavillion zum bersten gefüllt
und die Wand- und Deckenoberflächen
schweißgebadet. Zahllose namhafte Künstler
kamen wie immer vorbei, z.B. ein Carl Cox, Monika Kruse
und natürlich, wie soll es anders sein, Karotte.
Dieser stich die Masse mit bestimmt gekonnten
Showeinlagen an und sorgte wieder für einige
grinsende Gesichter. Es war ein Augenschmaus, wohin man
auch blickte.
Es
gilt jede Sekunde der Anwesendheit zu leben, alles andere
ausserhalb dieser vier Wände wird bedeutungslos. Wir
befinden uns im Hier und Jetzt, wohlbesonnen und
behütet eines größten, intelligentesten
Sound-Gefrickels, was sich doch jeder Raver wünschen
muss. Vlt. Lohnt sich der Eintrittspreis von 65€ alleinig
für diese Show, denn sowas bekommt man nicht alle
Tage geboten.
Techno
At-it´s-best mit french-touch und Abgehfaktor XXL.
Sie überzogen ihre Playtime von 09:00 Uhr und
beendeten ihrer Kunst eine halbe h später und die
Timewarp war um ein weiteres, historisches Ereignis
reicher. Das müssen die Momente sein, die uns
antreiben Wochenende für Wochenende unsere Kreise in
der Szene zu ziehen.
..."